Christina Georgina Rossetti

1830 -1894                             Großbritannien

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In Übersetzungen von

Willi Schantel

 

 

 

Aus „Monna Innominata“

 

 

Widmung

 

Sonette sind voll Liebe und mein Band
Birgt viele, und noch eines soll hinein.
Eins mehr, in Liebe, für dich, die du mein
in deinem Herz hältst, wo ich Heimat fand.

Der ersten Liebe, die mir, - damals klein -
rein die Liebe lehrt` mit einer Mutter Hand;
Dich stützen ist mein Vorrecht ganz allein
du bleibst mein guter Stern in jedem Land.

Weil du mich liebst, genauso wie ich dich
Soll dies Gedicht, das ich für dich nur schrieb
Dir Ehre zeigen vor der ganzen Welt

Und alle Zeit, die bisher auch verstrich
Die machte diese Flamme niemals trüb
Sie lebt , wo alles andere zerfällt.

 

 

1.

 

Ich warte sehnend auf dich, komm zurück,
nein, doch noch nicht, denn dann ist es vorbei,
und lange wird es dauern bis wir zwei
wieder vereint sind für ein kurzes Glück.

Denn kommst du nicht, regiert mein Tun nur eins:
Das Denken „kommt er dann“ „mein liebstes dann“
Es gibt auf dieser Welt nur einen Mann,
Ist er nicht da, so ist das Leben keins.

Jedoch, dich sehen birgt schon fast ein Leid
der Abschied kommt nur allzu bald herbei.
und wie der Mond sich dreht von voll nach neu

so hoff ich auf den neuen gold`nen Tag.
Das Lied, wo ist es hin, von jener Zeit
Die schön war, weil du schön sie nanntest, sag?

 

 

2

 

Ich wünsche mir dies`Stück Erinnerung
Von deiner, meiner, unsrer ersten Stunde,
Wars sonnig oder düster, gab`s schon Kunde
Vom Winter oder war das Jahr noch jung?

War`s Zufall nur, war es Verabredung?
Blind war ich, mit der Weitsicht nicht im Bunde,
bemerkte nicht die knospende Sekunde
so blieb ich lang ohne Veränderung.

Ach, könnte ich die Zeit nur rückwärts drehen
An diesen Tag. Er kam und ist gegangen
So spurlos wie der Schnee, der gestern fiel.

So klein er schien, so viel stand auf dem Spiel.
Könnt` ich im Herzen wenigstens noch sehen,
Das erste Hand in Hand. Es bleibt Verlangen.

 

 

3.

 

Ich bin aus einem Traum von dir erwacht
ich wünscht` dort könnt` ich bleiben, immer sein,
nie mehr erwachen, traumlos und allein
wie Herbst, den Vogelflug nur einsam macht.

Im Traum hat nichts dich von mir fortgebracht
strömt Blut durch mich, nicht nur durch fahlen Stein,
und schöner als der schönste Sonnenschein
macht dort dein Lächeln Tag aus jeder Nacht.

Nur so, in diesem Traum sind wir vereint,
wo wir uns nehmend geben und das ist
das Credo, das im Teilen Reichtum mehrt;

Wenn man so schlafend Erwachen vergisst,
ist Sterben süß, mehr als zu leben wert,
trotz Sonne, die nichts Neues mehr bescheint.

 

 

7.

 

„Lieb` mich, denn ich lieb` dich“—antworte mir
„Lieb mich, denn ich lieb` dich“- und Hand in Hand
stehn wir als Gleiche in der Liebe Land
wo keine See zertrennt ein wahres Wir.

Die Liebe baut auf Felsen, nicht auf Sand
ihr Lachen weist dem stärksten Sturm die Tür
Gab`s jemand der die Pforte leer je fand?
wer schlug sie je in Fesseln wie ein Tier?

Mein Wort ist kühn, doch feige ist mein Herz,
Kaum sehn wir uns, ist schon der Abschied da
Zu oft , kannst du dies Rätsel lösen, ja?

Ein buchgeschöpfter Trost sagt mir der Schmerz
der Eifersucht sei wie das Grab so schwer,
und Tod sei stark-- doch Liebe stark wie er.

 

 

 

8

 

Und sterbe ich, wohlan, war Esthers Denken:
Sie ging verschönert noch durch die Gefahr
gehüllt in Glanz und Duft von ihrem Haari
mit Lächeln, das verspricht sich zu verschenken.

Den Gatten, seine Augen abzulenken
Bot sie sich ihm in aller Anmut dar
er sah nur Schönheit wo Sie Schlinge war
sanft wie die Tauben, klug wie Schlangenränken.

Aus einem Seidenhaar wob sie die Schlinge,
mit Witz und Weisheit fing sie ihn ganz ein,
nun hat ihr Volk ein Haus in Ewigkeit

Ach, wär ich `nur zu gleicher Tat bereit
Die Liebe bittend, dass es mir gelinge—
um von der Liebe dann erhört zu sein.

 

 

 

12

 

Wenn eine andere dich glücklich macht
dann soll sie mich ersetzen. Alles Leid
um dich, das ich betrau`re, ist kein Neid
mit meinem Segen geh aus meiner Nacht,

zum Witz, zur Schönheit, die dir süßer lacht.
Dein Glück verdoppelt meines, ich bescheid`
mich kurz im Halten dieser Krone, bin bereit
als Gast nur mitzutanzen, still und sacht.

Denn wenn ich dich nicht liebte möcht` es sein,
dass ich dir das missgönne was dir Glück
doch schlägt mein Herz in deiner Brust für dich

daarum fällt was dich freut auf mich zurück.
Die Freiheit die du fühlst, die ist auch mein
bist du vermählt, so gilt das auch für mich.

 

 

 

 

Der Lebensfaden

 

 

I..

 

Sowohl die dumpfe Stille dort an Land
Als auch das dumpfe Branden auf dem Meer
trägt eine einz`ge Botschaft zu mir her:-
gelöst von allem stehen wir am Rand.

So stehst auch du gefesselt durch das Band
aus Einsamkeit,; wir knüpften es dir nicht.
Wer ist`s, der eig`ne Ketten dir zerbricht,
dein Herz berührt, dich nimmt an deiner Hand?

Und manchmal bin ich stolz und manchmal klein
Erinner mich an jene alte Zeit
als es noch leicht war nicht allein zu sein,

an eine Welt, die freier war von Streit.
Das Gold der Regenbögen war kein Schein,
als Hoffnung stark war und die Welt noch weit.

 

 

II.

 

So bin ich selbst mir Kerker. Ringsumher
Ist alles frei und leicht, erstrahlt voll Glanz:
fällt Schatten, dann von Bäumen, die im Tanz
des Lichts durchrauscht ein ganzes Vogelmeer

wo alle Winde rauschend sich verflüstern;
wo Bienen Honig finden und wir Bienen,
alles Musik ist und die Pausen dienen
als Kontrapunkte, die uns nicht verdüstern.

Dann sehe ich auf die, die feiern hier
Und lächle kurz und seufze ebenso
Warum gibtt`s das nicht auch für mich mit Dir?

Den Narrentraum schieb ich ins Nirgendwo
nicht mein Besitz, noch was ich hier vorführ`
bin ich,; nur was ich war, ich bleib auch so.

 

 

III.

 

Dies eine arme Ding bin ich allein
das ich verschenke, das mir bringt Ertrag.
Ich habe als Besitz nur jeden Tag
von meinem Leben, jeder bleibt auch mein,

trotz den Verwüstungen die Zeit mir bringt.
Per aspera ad astra, alles bleibt
mir ganz, bis Tod zuletzt dann finis schreibt,
auch wenn der Ruf zum jüngsten Tag erklingt.

Das bringe ich aus freien Stücken dem
der sich einst aufgeopfert hat für mich,
der mir die Lieder gab, mich schuf aus Lehm.

Das Lied vom Geist, der aus dem Grabe sich
erhob, noch strahlender als ehedem:
Wo ist, oh Tod, dein Stachel, Grab dein Stich?

 

 

 

 

 

Erinnern

Erinner` dich an mich, bin ich gegangen,
weit, sehr weit weg, hinein ins stille Land,
wo du sie nicht mehr findest, meine Hand,
ich, halb schon abgewandt, noch steh gefangen.

Erinner` dich, -- auch ohne das Verlangen,
mir täglich zu erzählen vom Bestand
an Zukunftsplänen, `s wird für den Verstand
und `s Beten spät sein, wenn wir dort anlangen.

Bleib ich dann doch für kurze Zeit vergessen,
dann trau`re nicht, erinnerst du dich wieder.
Denn schwingt etwas von mir wie ferne Lieder

durch den Verfall und alle Dunkelheit,
will ich nicht Rückbesinnung voller Leid,
Vergessen, Lächeln, wünsch ich mir stattdessen.